Projekt VanAssist will Zusteller entlasten

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Im Förderprojekt VanAssist ist die Hochschule Offenburg an der Entwicklung eines autonom fahrenden Elektrofahrzeugs beteiligt.

Zwei Männer bei der Montage des sogenannten Demonstrators in einem Raum auf dem Campus der TU Braunschweig.
© DPD

Ein sogenannter „Demonstrator“, der die Funktionsweise von späteren serienmäßigen Fahrzeugen real abbildet und als Basis für eine Serienentwicklung dienen kann, wird derzeit auf dem Campus der TU Braunschweig montiert

Dieses optimiert Zustellprozesse. Jetzt startet die Praxisphase.

Ein immer höheres Bestellaufkommen, wachsender Fachkräftemangel sowie die stetig steigende Verkehrsdichte führen dazu, dass die sogenannte letzte Meile der Paketzustellung, die Übergabe an den Empfänger, herausfordernder wird. Das Förderprojekt VanAssist hat sich daher zum Ziel gesetzt, ein lokal emissionsfreies, vollständig autonom fahrendes Zustell-Elektrofahrzeug zu entwickeln, dass den Zustellprozess optimiert und den Paketboten effektiv entlastet. Das Institut für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) an der Hochschule Offenburg entwickelt die flexible und sichere Kommunikationsarchitektur für die Gesamtsystemkommunikation. Dabei werden existierende und etablierte Protokolle genutzt, um die einzelnen Systemkomponenten intelligent miteinander zu vernetzten. Neben dem autonom fahrenden Motionboard umfasst das Projekt auch eine vollständige Software-Lösung für die Berechnung optimaler Zustellrouten sowie die flexible Steuerung des Fahrzeugs. In einem solchen verteilten und vor allem sicherheitskritischen System ist es zudem erforderlich, die Kommunikationen und Interaktionen zwischen den Teilnehmern gegen Angriffe und Manipulationen von außen abzusichern. Auch dabei kann das ivESK auf eine weitreichende Expertise zurückgreifen, um Kommunikationskanäle zuverlässig absichern zu können.

Mit dem Einbau der Sensorik und der Steuerungstechnik in den Basisaufbau des autonomen Elektrofahrzeugs startet das Projekt jetzt in die Praxisphase: Ein sogenannter „Demonstrator“, der die Funktionsweise von späteren serienmäßigen Fahrzeugen real abbildet und als Basis für eine Serienentwicklung dienen kann, wird auf dem Campus der TU Braunschweig montiert. Dort befindet sich auch die Teststrecke für die Demonstration der Funktionen des vollautonomen Lieferfahrzeugs. Bis Jahresende wird das Fahrzeug voll einsatzfähig sein, die Abschlusspräsentation ist für Sommer 2021 angesetzt. Hinter VanAssist stehen neben dem internationalen Paket- und Expressdienst DPD als wissenschaftliche Projektpartner das Niedersächsische Forschungszentrum für Fahrzeugtechnik NFF der TU Braunschweig, die TU Clausthal, die Hochschule Offenburg und die Universität Mannheim sowie die BridgingIT GmbH, die IAV GmbH, die Ibeo Automotive Systems GmbH sowie die ZENTEC GmbH.

In der Praxis soll künftig die Zustellung im sogenannten Rendezvous-Modus erfolgen. Dabei soll das Fahrzeug die Strecke vom Depot zum Zustellgebiet autonom zurücklegen können, der Zusteller steigt erst an einem definierten Treffpunkt zu. An einem zuvor über die Routenoptimierung festgelegten Haltepunkt entnimmt der Zusteller die Pakete, die er in der näheren Umgebung zu Fuß zustellen kann. Während der Zusteller beispielsweise mehrere Pakete in einem nicht oder nur auf Umwegen befahrbaren Bereich zustellt, bewegt sich das Fahrzeug eigenständig zum nächsten Haltepunkt und wartet dort auf den Zusteller. In der Zwischenzeit kann dieser sich mittels einer Indoor-Navigation auf dem optimalen Weg durch ein Bürogebäude zum nächsten Treffpunkt mit dem Fahrzeug leiten lassen. Weil Zusteller und Fahrzeug stets über eine sichere Kommunikationseinheit in Kontakt stehen, lässt sich das Fahrzeug bei Bedarf zudem jederzeit flexibel zu einem anderen als dem ursprünglich festgelegten nächsten Haltepunkt dirigieren. Des Weiteren steht das Fahrzeug kontinuierlich mit einem Leitstand in Verbindung, sodass auch ohne Eingreifen des Zustellers auf Probleme reagiert werden kann. Im Ergebnis sollen unnötige Fahrtstrecken und Laufwege des Zustellers reduziert und somit mehr Pakete innerhalb kürzerer Zeit verlässlich zugestellt und Zusteller effektiv entlastet werden.

„Nach einer intensiven Planungsphase freuen wir uns sehr, jetzt gemeinsam mit unseren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft in die konkrete Umsetzung des Projekts einzusteigen“, sagt Gerd Seber, Group Manager City Logistics & Sustainability bei DPD Deutschland. „Autonome Fahrzeugtechnik sehen wir vor allem als Unterstützung für den menschlichen Zusteller. Mit einem vollautonomen Lieferfahrzeug kann der Zustellprozess zukünftig noch deutlich effizienter sein – und die menschliche Arbeitskraft kann sich noch stärker auf die eigentliche Paketzustellung konzentrieren.“

„Das Verbundprojekt mit den Partnern auf den unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette ist für uns eine ideale Plattform“, fügt Prof. Dr. Axel Sikora, Leiter des Instituts für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) der Hochschule Offenburg hinzu. „Auf diese Weise können wir unsere bisherigen Erfahrungen sowohl aus der Car-to-X-Kommunikation mit modernen schmalbandigen Weitverkehrsnetzen kombinieren und auch die Sicherheitsthematik weitertreiben, um zukunftsweisende Fahrzeug- und Logistikkonzepte zu unterstützen“.

Gefördert wird das mit insgesamt 4,3 Millionen Euro budgetierte Projekt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Im Rahmen des Förderprogramms „Automatisiertes und Vernetztes Fahren“ erhält das Vorhaben insgesamt 2,7 Millionen Euro Fördervolumen. DPD Deutschland GmbH ist Konsortialführer und wird von der ZENTEC GmbH bei der Projektadministration unterstützt.

KEP-Branche antwortet auf Herausforderungen

Onlineshopping und die damit verbundenen Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) erfreuen sich ungebremst wachsender Beliebtheit. Besonders stark zeigt sich dies bei den B2C-Sendungen: Wurden 2017 weltweit noch 74 Milliarden Pakete versendet, waren es 2018 bereits 87 Milliarden – ein Zuwachs von 17 Prozent. Bis 2025 rechnen Experten sogar mit einem Paketvolumen von bis zu 200 Milliarden Paketen pro Jahr. Demgegenüber stehen die großen Herausforderungen der KEP-Branche: Neben dem wachsenden Fachkräftemangel ist das insbesondere die zunehmende Verkehrsdichte in den stetig wachsenden Großstädten. Als Folge wird die „letzte Meile“, also die Zustellung an den Empfänger, kontinuierlich aufwändiger. Innovative Zustelllösungen wie VanAssist zeigen auf, wie die Paketbranche diesen Herausforderungen begegnen kann.

Die Projektpartner im Überblick:

  • BridgingIT GmbH
  • DPD Deutschland GbH
  • Hochschule Offenburg – Institut für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK)
  • IAV GmbH – Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr
  • Ibeo Automotive Systems GmbH
  • NFF, Technische Universität Braunschweig – Institut für Fahrzeugtechnik
  • NFF, TU Clausthal – Institute for Software and Systems Engineering
  • Universität Mannheim – Institut für Enterprise Systems
  • Projekt-Koordinator: ZENTEC Zentrum für Technologie, Existenzgründung und Cooperation GmbH

Über das ivESK

Das „Internet der Dinge" durchdringt die industriellen und persönlichen Anwendungen zunehmend. Dazu zählen beispielsweise Smart-Metering und Smart-Grid, Industrie- und Prozessautomation, Car-to-Car- beziehungsweise Car-toX-Kommunikation, Heim- und Gebäudeautomation, Telehealth- und Telecare-Anwendungen. Die drahtgebundene und drahtlose Vernetzung von Embedded Systemen und deren Anbindung als sogenannte cyberphysische Systems (CPS) spielen dabei eine immer wichtigere Rolle. Da auch immer mehr Systeme funktionskritische Aufgaben autonom übernehmen, gewinnen Zuverlässigkeit und Sicherheit immer mehr an Bedeutung. Entsprechend müssen die Aspekte der Datensicherheit und der Privatsphäre (Privacy) ebenfalls berücksichtigt werden. Diesen Themen widmet sich das Institut für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) mit seinem Team aus derzeit 14 Mitarbeitenden, Wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Doktorand*innen sowie etwa zehn aktiven Studierenden.